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Thomas ist Kartograf beim Bundesnachrichtendienst, mehr als seinen Vornamen darf er nicht preisgeben. Foto: Colourbox/dbb
Jobkompass: Der Kartograf (Bundesnachrichtendienst)Wenn der Arbeitgeber geheim bleiben muss
Absolutes Stillschweigen über dienstliche Angelegenheiten: Diskretion steht beim Bundesnachrichtendienst an oberster Stelle. Indiskretion kostet schlimmstenfalls Menschenleben.
Kontrolle, wie am Flughafen: Ein älterer Herr steht mit breiten Beinen und abgewinkelten Armen im Körperscanner, das grüne Licht blitzt auf, alles in Ordnung. Er darf weitergehen und seine Habseligkeiten wieder aus der Plastikkiste nehmen, darunter zahlreiche Münzen, die er offenbar lose in der Tasche hatte. „Halten Sie mal ihre Hände auf“, sagt der Sicherheitsmitarbeiter. Dann nimmt er die Kiste und schüttet das Kleingeld in die nun offenen Hände des dankbaren Seniors, der anschließend das neue Besucherzentrum des Bundesnachrichtendienstes betritt.
Wenn Thomas an seinen Arbeitsplatz geht, passiert er im Hauptgebäude ebenfalls verschiedene Schleusen und Kontrollen. Sein Smartphone muss draußen bleiben, zu hoch das Sicherheitsrisiko. Ausländische Geheimdienste könnten spionieren. Thomas ist Kartograf, er visualisiert Landschaften, akute Lagen und langfristige Entwicklungen, die für die nachrichtendienstliche Aufklärung eine Rolle spielen. Heute sitzt er im Klubraum des Besucherzentrums und gibt Einblicke in seinen Beruf. Einblicke, die nicht der Geheimhaltung unterliegen.
Lizenz zum Töten?
Der Bundesnachrichtendienst (BND) sammelt Informationen, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung sind, und stellt sie der Bundesregierung zur Verfügung. Die Mitarbeitenden haben, anders als James Bond, keine Lizenz zum Töten. Sie rennen nicht im Maßanzug durch die Wüste – das wäre unpraktisch. Und sie liefern sich keine wilden Verfolgungsjagden mit edlen Sportwagen – das wäre ungeschickt, weil es Aufmerksamkeit erregt. Operative Kräfte, die im Ausland Quellen erschließen und halten, arbeiten diskret. Waffen tragen sie durchaus, aber nur zur Selbstverteidigung.
Thomas trägt ein schlichtes T-Shirt, Chinos und Sneaker. Es gäbe durchaus Eigenschaften, die sich näher beschreiben ließen, doch diese würden Rückschlüsse auf seine Person ermöglichen. Insgesamt wirkt er eher still und introvertiert. Passend, denn als Selbstdarsteller wäre er beim BND falsch.
Gefragt sind Persönlichkeiten, für die es in Ordnung ist, im Hintergrund zu bleiben. Im LinkedIn-Profil die neuesten Karriereschritte präsentieren? Oder die jüngsten Erfolge anpreisen? Beim BND darf niemand außerhalb des Arbeitsplatzes über den Beruf sprechen – Thomas stellt das vor keine große Herausforderung: „Viele Freunde denken, dass ich noch bei meinem vorherigen Arbeitgeber bin“, erzählt er. „Je langweiliger man seinen Job macht, desto weniger Fragen stellen die Leute.“ Ebenfalls ein Credo, mit dem sich kritische Gespräche umgehen lassen: „Wer will schon in seiner Freizeit über die Arbeit sprechen?“
Die Welt ist ständig im Wandel und voller Prozesse, die man abbilden kann.
Thomas, Kartograf beim BND
Dabei findet der Beamte im mittleren Dienst seine Tätigkeit alles andere als langweilig. Für ihn ist ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen, sagt er – und meint damit vor allem die Arbeit mit Karten, die ihn schon immer fasziniert hat. Deshalb hat er vor seiner Zeit beim Bundesnachrichtendienst eine Ausbildung zum Geomatiker gemacht. Geodaten beschaffen, diese in Grafiken setzen, geografische Informationssysteme nutzen, all das hat er von der Pike auf gelernt. „Das Leben ist viel mehr als Google Maps“, schwärmt der BND-Mitarbeiter. „Die Welt ist ständig im Wandel und voller Prozesse, die man abbilden kann.“
Woher kommen die Aufträge?
Was genau er kartografisch aufbereiten soll, erfährt Thomas von anderen Abteilungen, die ihn beauftragen. Und die Aufträge wiederum ergeben sich indirekt aus dem sogenannten Auftragsprofil der Bundesregierung. Dessen Inhalt ist streng geheim. Aber: „Wer regelmäßig die Nachrichten verfolgt, wird sich in etwa denken können, welche Themen sicherheitspolitisch von Bedeutung sind.“ So viel darf der Geomatiker verraten, der nur die Inhalte kennt, mit denen er sich befasst. Seine Aufträge erledigt er sehr gewissenhaft. Schludereien kann sich niemand erlauben, im Extremfall kosten Fehler Menschenleben.
Die Arbeit beim BND ist stark auf den Dienstag ausgerichtet: An diesem Tag informiert die Behörde den Chef des Bundeskanzleramts routinemäßig über die aktuelle Lage. „Oft gibt’s am Dienstagmorgen viel zu tun, weil ich Daten in letzter Minute aktualisieren muss“, berichtet Thomas, der nicht im Schichtdienst arbeitet – im Gegensatz zu den Beschäftigten im Lagezentrum, das rund um die Uhr besetzt ist. Schließlich muss die Bundesregierung umgehend über Entwicklungen informiert werden, die akut von Bedeutung sind und nicht bis zum nachfolgenden Dienstag warten können.
Alles sauber?
Alle, die für den Bundesnachrichtendienst arbeiten wollen, müssen einer umfassenden Sicherheitsprüfung zustimmen, die in manchen Fällen länger als ein Jahr dauert. „In meinem Fall waren Leute in der Nachbarschaft unterwegs und haben nach mir gefragt“, erzählt Thomas, dann fügt er mit einem Schmunzeln hinzu: „Und die Nachbarn haben daraufhin meine Eltern gefragt, ob ich etwas ausgefressen habe.“ Grundsätzlich ist es ein gutes Zeichen, wenn Bewerber*innen etwas von der Überprüfung mitbekommen. Denn es heißt, dass sie am Ende eines langen Bewerbungsprozesses angekommen sind. Die Überprüfung kostet viele Ressourcen und erfolgt nur, wenn sich jemand für den Job eignet.
Mehr entdecken: FAQ – Basics rund um Beamtenverhältnis, Besoldung und Laufbahn
Viele Außenstehende vermuten: Beim BND geht es kalt und anonym zu. Das ist allerdings mitnichten so. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Befragung der Mitarbeitenden. „Im Prinzip haben wir eine klassische Büroatmosphäre“, sagt der Beamte. „Mit allem, was dazugehört, wie bei anderen Arbeitgebern.“ Der Zusammenhalt im Team ist groß. Es schweißt zusammen, wenn man nur untereinander über die Arbeit sprechen darf. Im Fall von Thomas ist es so, dass seine Eltern und ein paar enge Freunde wissen, wo er arbeitet. Aber es gibt auch Beschäftigte beim BND, bei denen nicht einmal der eigene Partner oder die eigene Partnerin Bescheid weiß.
Text: Christoph Dierking
FAQ: Wie werde ich Geomatiker*in/Kartograf*in beim BND?
Welche Voraussetzungen muss ich für die Ausbildung mitbringen?
Formal ist in der Regel ein Mittlerer Schulabschluss erforderlich.
Wer beim Bundesnachrichtendienst arbeiten möchte, benötigt zwingend die deutsche Staatsbürgerschaft.
Wie lange dauert die Ausbildung?
Die Ausbildung dauert drei Jahre.
Wo findet die Ausbildung statt?
Die Ausbildung zum Geomatiker beziehungsweise zur Geomatikerin lässt sich nicht direkt beim BND absolvieren. Sie erfolgt unter anderem im öffentlichen Dienst, beispielsweise bei Städten und Kommunen, oder bei öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren (ÖbVI).
Was sind zentrale Ausbildungsinhalte?
Auf dem Lehrplan stehen unter anderem der Umgang mit Geodaten – von der Vermessung über die Verarbeitung im geografischen Informationssystem (GIS) bis hin zur Visualisierung von Vektor- und Rasterdaten.
Was verdiene ich?
Alle, die beim BND einsteigen, werden nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst bezahlt (TVöD Bund). Der Einstieg erfolgt meist mit der Entgeltgruppe 7, ein Aufstieg bis zur Entgeltgruppe 9 ist möglich.
Wer verbeamtet ist, steigt mit einer A7-Besoldung ein. Alle Beschäftigten beim Bundesnachrichtendienst erhalten eine Sicherheitszulage.
Die aktuellen Entgelt- und Besoldungstabellen veröffentlicht der dbb beamtenbund und tarifunion.
Welche Karrierechancen bieten sich mir nach der Ausbildung?
Die Karriereoptionen sind vielseitig, man kann sich in verschiedenen Bereichen ausprobieren, von der Vermessung bis hin zum Grafikdesign. Es besteht auch die Möglichkeit, ein Studium anzuschließen, etwa im Bereich der Geoinformation.
Im BND gibt es zudem die Option, innerhalb des Hauses zu rotieren und im Laufe des Berufslebens auch in anderen Fachbereichen zu arbeiten.
Wo finde ich weitere Informationen?
Umfassende Informationen bietet der BND in seinem Karriereportal und auf Instagram, unter anderem auch explizit für den Bereich Geowissenschaften.