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Wer die Ausbildung im öffentlichen Dienst mindestens mit der Note als „Befriedigend“ abschließt, wird unbefristet übernommen – das gibt jungen Menschen Jobsicherheit. Foto: Anne Oschatz
Einkommensrunde 2023Tarifabschluss mit den Ländern – zentrale Ergebnisse einfach erklärt
Gewerkschaften und Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) haben eine Einigung erzielt. Zwölf Dinge, die junge Beschäftigte im öffentlichen Dienst jetzt wissen müssen.
Auf einen Blick:
1. Wer profitiert von dem Tarifabschluss?
2. Welche Entgelterhöhungen sieht der Tarifabschluss vor?
3. Welche Entgelterhöhungen erhalten Auszubildende, dual Studierende und Praktikant*innen?
4. Wo finde ich die Entgelterhöhungen, die mich betreffen?
5. Wie hoch ist der Inflationsausgleich?
6. Welche Vereinbarungen gelten in Hinblick auf die Übernahme von Auszubildenden und dual Studierenden?
7. Welche Laufzeit ist vorgesehen?
8. Was beinhaltet die Tarifeinigung für studentische Beschäftigte?
9. Wer profitiert von Zulagen?
10. Was bewirkt die Aufnahme der Hauptstadtzulage in die Tarifeinigung?
11. Wie wird das Tarifergebnis auf die Beamt*innen und Versorgungsempfänger*innen übertragen?
12. Wie bewertet die dbb jugend den Tarifabschluss?
Am Samstag, 9. Dezember, sind die Tarifparteien in Potsdam vor die Kameras getreten, um ihre Einigung zu verkünden. Für die Arbeitnehmerseite haben der dbb beamtenbund und tarifunion (dbb) und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) verhandelt, für die Arbeitgeberseite die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL). Letztere vertritt alle Bundesländer, außer Hessen – das Bundesland führt ab dem 14. Februar 2024 eigenständig Tarifverhandlungen.
#staatklar liefert Antworten auf zentrale Fragen zur aktuellen Tarifeinigung.
1. Wer profitiert von dem Tarifabschluss?
Der Tarifabschluss gilt für 1,1 Millionen Beschäftige im öffentlichen Dienst der Länder, mit Ausnahme von Hessen. Indirekt betroffen sind etwa 1,4 Millionen Beamt*innen und rund eine Million Versorgungsempfänger*innen der entsprechenden Länder und Kommunen. Auf sie soll das Tarifergebnis übertragen werden.
2. Welche Entgelterhöhungen sieht der Tarifabschluss vor?
Ab 1. November 2024 erfolgt die Erhöhung um einen Sockelbetrag von 200 Euro. Dieser bewirkt, dass niedrigere Entgeltgruppen stärker profitieren, als es durch eine reine prozentuale Erhöhung der Fall wäre. Am 1. Februar 2025 folgt eine Erhöhung um weitere 5,5 Prozent.
Beide Erhöhungsschritte müssen insgesamt einen Mindestbetrag von 340 Euro erreichen. Wenn das nicht der Fall ist, wird automatisch auf 340 Euro erhöht.
3. Welche Entgelterhöhungen erhalten Auszubildende, dual Studierende und Praktikant*innen?
Insgesamt ist eine stufenweise Entgelterhöhung um 150 Euro vorgesehen: ab 1. November 2024 um 100 Euro, ab 1. Februar 2025 um weitere 50 Euro.
4. Wo finde ich die Entgelterhöhungen, die mich betreffen?
Grundsätzlich umfasst der Tarifvertrag der Länder eine allgemeine Entgelttabelle (TV-L), außerdem Entgelttabellen für Beschäftigte im Pflegedienst (Kr-Tabelle) sowie für den Sozial- und Erziehungsdienst (S-Tabelle).
Für die Auszubildenden und dual Studierenden der Länder gelten eigene Tarifverträge (TVA-L und TVdS-L).
Der dbb beamtenbund und tarifunion veröffentlicht alle aktualisierten Entgelttabellen.
5. Wie hoch ist der Inflationsausgleich?
Beschäftigte im Geltungsbereich des TV-L erhalten einen steuer- und sozialabgabenfreien Inflationsausgleich von insgesamt 3.000 Euro in mehreren Stufen: im Dezember 2023 einmalig 1.800 Euro, von Januar 2024 bis einschließlich Oktober 2024 monatlich jeweils 120 Euro.
Auszubildende, dual Studierende und Praktikant*innen erhalten einen Inflationsausgleich von insgesamt 1.500 Euro: zunächst 1.000 Euro im Dezember 2023, ab Januar 2024 bis Oktober 2024 monatlich 50 Euro.
6. Welche Vereinbarungen gelten in Hinblick auf die Übernahme von Auszubildenden und dual Studierenden?
Wer eine Ausbildung oder ein duales Studium im öffentlichen Dienst der Länder mit der Note „Befriedigend“ oder besser abschließt, wird unbefristet übernommen, sofern keine personenbedingten, verhaltensbedingten, betriebsbedingten oder gesetzlichen Gründe entgegenstehen.
Alle, die ihre Ausbildung mit einer schlechteren Note als „Befriedigend“ abschließen, werden zunächst unter denselben Voraussetzungen für ein Jahr befristet übernommen. Bei Bewährung erfolgt die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
7. Welche Laufzeit ist vorgesehen?
Die Laufzeit beträgt 25 Monate bis zum 31. Oktober 2025. Sie gilt immer rückwirkend bis zu dem Datum, an dem der vorherige Tarifvertrag ausgelaufen ist – in diesem Fall der 30. September 2023.
8. Was beinhaltet die Tarifeinigung für studentische Beschäftigte?
Für studentische Beschäftigte wird eine Mindestvertragslaufzeit von in der Regel einem Jahr vereinbart, die ab dem 1. April 2024 gelten soll. Weiterhin sieht die Tarifeinigung Brutto-Mindeststundenentgelte für studentische Beschäftigte ohne Abschluss vor.
- 13,25 Euro ab dem Sommersemester 2024
- 13,98 Euro ab dem Sommersemester 2025
9. Wer profitiert von Zulagen?
Von Zulagen profitieren Beschäftigte in der Pflege und in Gesundheitsberufen, außerdem Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst.
Unter anderem erhalten Pfleger*innen und Pflegehelfer*innen im Justiz- und Maßregelvollzug ab 1. Januar 2024 eine dynamische Zulage in Höhe von derzeit 143,92 Euro. Diese wurde zuvor lediglich in Baden-Württemberg gezahlt.
Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst in Berlin, Hamburg und Bremen erhalten – abhängig von der Entgeltgruppe – eine monatliche Zulage in Höhe von 130 Euro beziehungsweise 180 Euro.
10. Was bewirkt die Aufnahme der Hauptstadtzulage in die Tarifeinigung?
Mit der Aufnahme der Hauptstadtzulage in die Tarifeinigung ist der Streit zwischen Berlin und der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) beigelegt.
Weil viele Tarifbeschäftigte der Landesverwaltung in die Bundesverwaltung wechseln, die für vergleichbare Tätigkeiten besser zahlt, hat der Berliner Senat 2020 die Zahlung einer Hauptstadtzulage beschlossen. Diese beträgt aktuell 150 Euro brutto.
Die TdL hatte die Entscheidung zunächst missbilligt, da sie ihrer Ansicht nach der Satzung widerspräche und die Tarifeinheit gefährden würde. Sie entzog Berlin das Stimmrecht und drohte mit dem Ausschluss, sollte der Senat die Zahlung der Hauptstadtzulage nach dem 31. Oktober 2025 nicht einstellen. Der Ausschluss ist mit der Aufnahme der Hauptstadtzulage in die Tarifeinigung vom Tisch.
11. Wie wird das Tarifergebnis auf die Beamt*innen und Versorgungsempfänger*innen übertragen?
Wenn die Tarifparteien für die Tarifbeschäftigten eine Erhöhung der Entgelte vereinbaren, erhöht sich in der Regel auch die Besoldung der Beamt*innen und Versorgungsempfänger*innen. Dabei sind die prozentualen Erhöhungen zentral. Allerdings ist die Übertragung kein Automatismus. Die Gesetzgeber in den Ländern müssen jeweils entsprechende Gesetze erlassen, in den meisten Fällen ist die Rede von „Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetzen“. Diese definieren genau, wer zu welchem Zeitpunkt und in welcher Höhe mehr Geld bekommt.
Übertragen wird nur, was rechtlich zulässig und möglich ist – dies nennt man systemgerecht. Denn nicht alle Vereinbarungen lassen sich vom Tarifrecht direkt ins Beamtenrecht übertragen, die zwei Systeme sind völlig unterschiedlich. Problematisch sind unter anderem Sockelbeträge, da es im Beamtenrecht ein sogenanntes Abstandsgebot gibt. Das bedeutet, dass zwischen den einzelnen Besoldungsgruppen ein bestimmter Abstand bestehen muss. Die Besoldungsgruppen spiegeln nämlich den Leistungsgrundsatz wider, den es einzuhalten gilt.
Mehr entdecken: FAQ – Basics rund um Beamtenverhältnis, Besoldung und Laufbahn
Es besteht jedoch die Möglichkeit, diese in Linearanpassungen umzurechnen und damit systemgerecht auf das Beamtenrecht zu übertragen. Damit würde auch dieser Teil der Vereinbarung des Tarifvertrags für Beamt*innen und Versorgungsempfänger*innen wirksam. Im Idealfall erfolgt die sogenannte systemgerechte Übertragung zeitgleich – heißt: Wenn die Tarifbeschäftigten zu einem bestimmten Zeitpunkt mehr Geld bekommen, soll dies auch für die Beamt*innen und Versorgungsempfänger*innen gelten.
12. Wie bewertet die dbb jugend den Tarifabschluss?
„Für junge Menschen bringt der Tarifabschluss viele Verbesserungen“, sagte Matthäus Fandrejewski, Bundesvorsitzender der dbb jugend, nach der Bekanntgabe der Verhandlungsergebnisse in Potsdam am 9. Dezember. „Die dbb jugend hat stets betont, dass eine Übernahmegarantie für Auszubildende und dual Studierende längst überfällig ist. Nun haben die Arbeitgebenden endlich an einer wesentlichen Stellschraube gedreht und eine wichtige Maßnahme umgesetzt, mit der wir junge Menschen für den öffentlichen Dienst gewinnen können. Besser spät als nie!“
Für Fandrejewski haben vor allem die bundesweiten Warnstreiks und Protestaktionen zum Gelingen des Abschlusses beigetragen. „Egal, ob in München, Düsseldorf, Hamburg, Magdeburg oder Berlin – dieser Abschluss ist auch der Verdienst aller, die den Druck auf die Straße gebracht haben“, betonte er. „Der Abschluss gibt vielen jungen Beschäftigten Sicherheit in unsicheren Zeiten. Und er gibt auch dem öffentlichen Dienst insgesamt Sicherheit, weil er die Einkommen von Beschäftigten der Kommunen, Länder und des Bundes wieder vergleichbar macht. Damit haben Gewerkschaften und TdL die leidige Konkurrenzsituation zwischen den Gebietskörperschaften beendet.“
Redaktion: cdi