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    Die amtsärztliche Untersuchung wirft bei vielen Anwärter*innen Fragen auf. Foto: Colourbox

Amtsärztliche UntersuchungDepression und Verbeamtung? Eine Expertin gibt Antworten

Wenn es um den Umgang mit psychischen Krankheiten geht, besteht bei vielen Anwärter*innen große Unsicherheit. Was Betroffene über die aktuelle Rechtslage wissen müssen.

Auf einen Blick:

1. Warum steht vor der Verbeamtung eine amtsärztliche Untersuchung an?

2. Kann eine psychische Erkrankung der Verbeamtung im Wege stehen?

3. Wer entscheidet, ob die Verbeamtung erfolgt?

4. Was passiert, wenn ich eine Erkrankung verschweige?

5. Sollte ich eine therapeutische Behandlung hinauszögern, bis die Verbeamtung erfolgt ist?

6. Was mache ich, wenn der Dienstherr die Verbeamtung versagt?

 

Aus der Praxis – was eine Betroffene beim Arzt erlebt hat

Alle kennen es: Manchmal ist man einfach schlecht gelaunt, alles scheint in die falsche Richtung zu gehen. Motivation und Antrieb? Nicht mehr vorhanden. Aber das geht wieder vorbei. Bei fast allen ist irgendwann der Punkt erreicht, an dem wieder die Sonne scheint.

Aber was ist mit denen, die nicht zu „fast allen“ gehören, wie Kristin? Sie arbeitet im öffentlichen Dienst, ein Arztbesuch hat sie ratlos zurückgelassen.

Unabhängig davon, ob es sich bei dem geschilderten Arztgespräch um einen Einzelfall handelt: Es wirft Fragen auf, die sich viele junge Menschen stellen, die eine Verbeamtung anstreben und in der Vergangenheit psychisch krank waren – oder es aktuell sind.

Hi, ich bin Kristin. Ich erzähle euch, wie es ist, von einem Arzt die Diagnose Depression zu bekommen. Und wenn er im selben Atemzug fragt, ob man in den Beamtenstatus wechseln möchte.

Er sagt: „Wenn das der Fall ist, würde ich Ihnen heute keine Diagnose bescheinigen.“

Nun bin ich in der Position, dass ich nicht vorhabe, den Beamtenstatus zu erreichen. Trotzdem muss ich bei diesem Satz schlucken.

Ich verneine und stelle eine Gegenfrage: „Warum fragen Sie das?“

Ja. Warum hat mir der Arzt diese merkwürdige Frage gestellt? Was hat mein Beruf mit meiner Krankheit zu tun? Und warum würde ich heute keine Diagnose bekommen, wenn ich vorhätte, in den Beamtenstatus zu wechseln? Alle diese Fragen schießen mir durch den Kopf.

Der Arzt antwortet: „Mit dieser Diagnose würden Sie bei der Verbeamtung möglicherweise Probleme bekommen.“

Er erklärt, dass vor der Einstellung in ein Beamtenverhältnis eine amtsärztliche Untersuchung stattfindet. Ein negatives amtsärztliches Ergebnis könne dazu führen, dass die Einstellung nicht erfolgt. Und die Diagnose Depression könne ein Anlass für ein negatives Ergebnis sein.

Da habe ich Glück, dachte ich mir. Ich gehe nach Hause und leite weitere Schritte ein, um wieder gesund zu werden. Aber was ist mit anderen Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst, die eine Verbeamtung anstreben? Mit jungen Menschen, Beamten und Beamtinnen auf Probe? Wie viele wären ohne Diagnose wieder gegangen? Und wie viele gehen aus Angst vor den Konsequenzen gar nicht erst zum Arzt, um sich helfen zu lassen?

Klar, es besteht immer die Option, sich über Beratungsstellen helfen zu lassen oder Therapiesitzungen aus eigener Tasche zu bezahlen. Aber ist das wirklich eine erstrebenswerte Lösung? Ich bin verunsichert. Hat das so alles seine Richtigkeit?

1. Warum steht vor der Verbeamtung eine amtsärztliche Untersuchung an?

Üblicherweise ist die Gesundheit auf dem Arbeitsmarkt Privatsache. Arbeitgeber dürfen sich zwar nach dem Gesundheitszustand eines Arbeitnehmers erkundigen, die Frage muss allerdings nicht beantwortet werden.

„Wenn es um die Verbeamtung im Staatsdienst geht, ist die aktuelle Rechtslage eine andere“, sagt Anja Kahlen, Juristin und Expertin für Beamtenrecht beim dbb beamtenbund und tarifunion.

Hintergrund ist, dass die Verbeamtung auf Lebenszeit erfolgt; geeignet für eine Ernennung ist laut Gesetzgeber nur, wer dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist.

Mit der Verbeamtung verpflichtet sich der Staat, Beamtinnen und Beamte angemessen zu besolden und zu versorgen (vereinfacht: zu bezahlen) – und das nicht nur während des aktiven Dienstes, sondern auch im Ruhestand. Weil er dabei Steuergelder verwendet und es damit auch um einen verantwortungsvollen Umgang mit Haushaltsmitteln geht, möchte der Staat möglichst sichergehen, dass er auch eine entsprechende Gegenleistung bekommt. Heißt: Idealerweise arbeiten die Beamtinnen und Beamten bis zur Pensionierung und werden nicht vorher dienstuntauglich. Deshalb gibt es die amtsärztliche Untersuchung.

„Der Amtsarzt stellt fest, ob es überwiegend wahrscheinlich ist, dass der Anwärter beziehungsweise die Anwärterin bis zur Pensionierung einsatzfähig ist“, erklärt Kahlen. „Dabei spielen sowohl die körperliche als auch die psychische Gesundheit eine Rolle.“

2. Kann eine psychische Erkrankung der Verbeamtung im Wege stehen?

„Die Antwort lautet: Ja, das ist möglich“, sagt die Juristin. „Aber die Antwort lautet auch: nicht unbedingt. Eine abgeschlossene oder laufende Psychotherapie steht einer Verbeamtung nicht grundsätzlich im Wege.“ Es sei allerdings nicht möglich, eine allgemeingültige Aussage zu treffen, da stets der Einzelfall entscheidet.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt es auf die überwiegende Wahrscheinlichkeit an, ob vom Eintritt einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist. „Dabei entscheidet immer das Gesamtbild im individuellen Fall“, betont Kahlen. „Unter Umständen kann eine erfolgreich abgeschlossene Psychotherapie sogar dazu führen, dass die Frage nach der Dienstfähigkeit bis zum Erreichen des Pensionsalters positiv zu beantworten ist.“

3. Wer entscheidet, ob die Verbeamtung erfolgt?

Die formale Entscheidung trifft der Dienstherr. In der Regel orientiert er sich am amtsärztlichen Gutachten.

4. Was passiert, wenn ich eine Erkrankung verschweige?

„Davon rate ich dringend ab, spielt mit offenen Karten“, sagt die Expertin für Beamtenrecht. „Wer falsche Angaben macht, läuft Gefahr, den Beamtenstatus später wieder zu verlieren – und das endgültig.“

5. Sollte ich eine therapeutische Behandlung hinauszögern, bis die Verbeamtung erfolgt ist?

„Die Frage beantworte ich aus gewerkschaftlicher Sicht mit einem klaren Nein“, sagt Matthäus Fandrejewski, Vorsitzender der dbb jugend. „Gesundheit geht vor! Jeder Mensch, der aus Sorge, seinen Beamtenstatus zu gefährden, nicht zum Arzt geht und möglicherweise eine Depression verschleppt, ist einer zu viel.“

Für mich zeugt es von großer menschlicher Stärke, wenn Betroffene ihre Erkrankung erkennen und sich Hilfe suchen.

Matthäus Fandrejewski, Vorsitzender der dbb jugend

Fandrejewski plädiert für einen offenen Umgang mit psychischen Erkrankungen: „Es kann nicht sein, dass eine Depression noch immer als verbotene Krankheit gilt, über die kaum jemand spricht. Für mich zeugt es von großer menschlicher Stärke, wenn Betroffene ihre Erkrankung erkennen und sich Hilfe suchen. Solche Mitarbeitende würde ich mir als Führungskraft wünschen. Deshalb darf eine psychische Erkrankung, die in der Vergangenheit lag und auskuriert ist, einer Verbeamtung nicht im Wege stehen.“

6. Was mache ich, wenn der Dienstherr die Verbeamtung versagt?

Auch Ärzte, Ärztinnen und Dienstherren sind nicht unfehlbar. „Wer sich ungerecht behandelt fühlt, kann unter Umständen juristisch dagegen vorgehen, wenn der Dienstherr die Verbeamtung versagt“, erklärt Anja Kahlen. „Gegebenenfalls besteht auch die Möglichkeit, die Verbeamtung zu einem späteren Zeitpunkt erneut in Angriff zu nehmen, etwa nach einer erfolgreich abgeschlossenen Behandlung.“

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„Der zuständige Personalrat, die Fachgewerkschaft und die dbb jugend sind geeignete Anlaufstellen für alle, die Unterstützung benötigen“, ergänzt Fandrejewski, für den folgender Gedanke eine zentrale Bedeutung hat: „Der Staat stellt für die Verbeamtung sehr hohe Ansprüche an die Anwärterinnen und Anwärter. Deshalb muss er auch selbst sehr hohen Ansprüchen gerecht werden und für Arbeitsbedingungen sorgen, mit denen es sich bis zur Pensionierung durcharbeiten lässt.“