Jobkompass: der LebensmittelkontrolleurVergammelte Speisen aus dem Verkehr ziehen
Dreck in der Küche, keine Seife auf der Mitarbeitertoilette – so geht’s nicht. Die Lebensmittelkontrolle sorgt dafür, dass der Restaurantbesuch unbedenklich bleibt.
Der Koch hat tiefgefrorenes Fleisch in einen Eimer mit heißem Wasser gelegt, damit es schneller auftaut. Und es offenbar vergessen. Florian prüft die Temperatur. Das Einstichthermometer im Fleisch zeigt 25 Grad Celsius. Optimale Bedingungen für Bakterien und sonstige fiese Keime. „Appetitlich ist das natürlich nicht, wenn so etwas weiterverarbeitet wird und auf dem Teller landet“, sagt der 31-Jährige. „Und schlimmstenfalls ist es gesundheitsgefährdend.“
Zum Glück kommen Lebensmittel, die bereits ein Eigenleben entwickelt haben, eher selten vor: Florian Ackens arbeitet als Lebensmittelkontrolleur in Mönchengladbach. Innerhalb seines Bezirks überprüft er sämtliche Betriebe, die mit Lebensmitteln zu tun haben, von der Produktion über die Verarbeitung bis hin zum Konsum. „Meine Arbeit beginnt, sobald ein Landwirt die Kartoffel aus dem Boden geholt hat und endet, wenn sie im Restaurant auf dem Teller liegt“, erklärt er.
Doch es gibt noch weitere Zuständigkeiten: unter anderem Tabakwaren und Textilien. Zigarettenpackungen aus dem Ausland, die nicht eindeutig deklariert sind, und Hemden, die Ausschlag auf der Haut verursachen, zieht Florian aus dem Verkehr. „Vereinfacht gesagt kontrolliere ich alles, was man isst, trinkt, inhaliert oder was sonst in irgendeiner Weise mit dem Körper in Kontakt kommt.“ So schreibt es das sogenannte Lebensmittel- und Futtergesetzbuch (LFGB) vor, auf dessen Grundlage die Lebensmittelüberwachungsbehörden handeln.
Vom Bierbrauen in den öffentlichen Dienst
Nach dem Abitur macht Florian, der im niederrheinischen Viersen aufgewachsen ist, zunächst eine Ausbildung zum Bierbrauer. In Frankfurt am Main arbeitet er als Geselle, in München besucht er die Meisterschule. Darauf folgt die Selbstständigkeit. „Ich habe mich auf Fassbier spezialisiert. Aber die Pandemie hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht, weil alle Feste ausgefallen sind.“
Aufgrund dieser Erfahrung rückt der Wunsch nach beruflicher Sicherheit in den Fokus. Florian entscheidet sich für die Lebensmittelkontrolle. „In Mönchengladbach gibt es viel Getränkeindustrie, da konnte ich mit meinem Vorwissen gut andocken“ – und in die Karten spielt ihn, dass er einen Meister in der Tasche hat und damit die Zugangsvoraussetzung erfüllt. „Der Beruf war für mich von Anfang an sinnstiftend. Niemand will nach dem Restaurantbesuch Bauchschmerzen haben.“
Im Juni 2023 schließt Florian die Ausbildung ab und startet in sein zweites Berufsleben. Der Arbeitstag beginnt morgens um halb sieben. „Das ist jedoch meine eigene Entscheidung, wir haben Gleitzeit“, stellt der Lebensmittelkontrolleur klar. Was tagsüber ansteht, regelt eine Software mithilfe eines Punktesystems. Je mehr Punkte ein Betrieb hat, desto häufiger finden Kontrollen statt. Die Intervalle liegen zwischen wenigen Wochen und zwei Jahren.
Grundsätzlich unterscheidet das Amt zwischen leichtem, mittlerem und hohem Risikopotenzial. Bei einem Kiosk, der abgepackte Gummibärchen und Schokoriegel verkauft, ist die Gefährdung gering. Anders verhält es sich bei Betrieben, die sensible Verbrauchergruppen mit Nahrungsmitteln versorgen, etwa Kindergärten und Seniorenheime. Klar ist auch: Wer gegen die Regeln verstößt, muss häufiger mit Kontrollen rechnen.
„Ach, Sie schon wieder?“ Oder: „Ich bin gerade im Stress, muss das jetzt sein?“ Manchmal gibt’s schnippische Kommentare zur Begrüßung. „Freuen tut sich wahrscheinlich niemand über unseren Besuch“, sagt Florian. Denn die Kontrolle erfolgt stets unangekündigt und bringt möglicherweise Terminpläne durcheinander. „Aber wir wollen sehen, wie der Betrieb im ganz normalen Alltag geführt wird. Sonst macht es keinen Sinn.“ Oft sind die Leute nervös – was aber in vielen Fällen unbegründet ist.
Händewaschen oft nicht selbstverständlich
Zurück in die Restaurantküche: Bevor er mit der Kontrolle beginnt, zieht sich Florian Schutzkleidung an, um sicherzustellen, dass er keine Verunreinigungen verursacht. Er prüft die Haltbarkeit von Lebensmitteln und die ordnungsgemäße Lagerung. Das Fleisch im Wassereimer ist ein No-Go. Auch die Hygiene lässt Rückschlüsse auf die Lebensmittelsicherheit zu: Sorgfältig inspiziert der Behördenvertreter die Arbeitsfläche, öffnet stichprobenartig Schubladen. Liegen unter den Schränken Lebensmittelreste? Hat sich auf den Regalen ein Fettfilm gebildet? Und wie sieht die Arbeitskleidung der Mitarbeitenden aus? Sind Verschmutzungen frisch oder möglicherweise schon mehrere Tage alt?
Nicht zuletzt müssen die Waschbecken mit Seife, Papierhandtüchern sowie Warm- und Kaltwasser ausgestattet sein. „Das sollte eigentlich logisch sein, ist aber nicht allen bewusst.“ Florian macht Fotos mit seinem Tablet, dokumentiert alle wesentlichen Fakten. Außerdem nimmt er Proben von Lebensmitteln mit, auch von Bedarfsgegenständen wie Töpfen, Löffeln und Gläsern. Die Proben untersuchen die Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter auf verschiedene Weise, um beispielsweise Verunreinigungen aufzudecken.
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Sobald Bußgelder, Strafverfahren oder gar Betriebsschließungen im Raum stehen, können die Emotionen hochkochen. Im Extremfall muss die Polizei hinzukommen, berichtet der Lebensmittelkontrolleur. Wie er mit solchen schwierigen Situationen umgeht? „Grundsätzlich sollte man nichts persönlich nehmen. Für mich ist das einfach Teil des Jobs.“
Wichtig ist dem 31-Jährigen, dass es dem Amt keineswegs darum geht, den Betrieben das Leben schwer zu machen: „Im Gegenteil, es ist doch gut, wenn in Sachen Hygiene alles in Ordnung ist.“ Langfristig sei das unterm Strich besser fürs Geschäft. Oft gibt es Tage, an denen Florian selbst nach mehreren Kontrollen – wenn überhaupt – nur geringe Mängel feststellt. „Das sind Tage, die ich sehr schätze. Es ist extrem beruhigend zu wissen, dass viele Betriebe einen sehr guten Job machen!“
Text: Christoph Dierking
FAQ: Wie werde ich Lebensmittelkontrolleur*in?
Welche Voraussetzungen muss ich für die Ausbildung mitbringen?
Der Schulabschluss spielt in der Regel keine Rolle – entscheidend ist ein Meister-, Techniker- oder Bachelorabschluss in einem Bereich, der für die Lebensmittelkontrolle förderlich ist. Das kann zum Beispiel ein Studium der Ernährungswissenschaft sein.
Wie lange dauert die Ausbildung?
Die Ausbildung dauert in der Regel zwei Jahre. Bei sehr guten Leistungen ist es möglich, bis zu einem halben Jahr zu verkürzen.
Was sind zentrale Ausbildungsinhalte?
Auf dem Lehrplan stehen unter anderem Warenkunde, Kommunikationsstrategien und Ordnungswidrigkeiten-, Straf- sowie Lebensmittelrecht. Weiterhin sind Praktika Bestandteil der Ausbildung, etwa in Laboren, bei Polizei oder Ordnungsamt, im Veterinäramt oder in der Hygienekontrolle.
Wo findet die Ausbildung statt?
Die theoretische Ausbildung findet in Bildungseinrichtungen für den öffentlichen Dienst statt, beispielsweise in der Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf. Die praktische Ausbildung erfolgt direkt beim Gesundheitsamt und im Rahmen von Praktika.
Was verdiene ich?
Die Bezahlung kann sich innerhalb der Bundesländer unterscheiden. Lebensmittelkontrolleur*innen im Angestelltenverhältnis starten in der Regel in der Entgeltgruppe 9a (TVöD). Erfolgt eine Verbeamtung, erhalten Berufseinsteiger in der Regel eine A7-Besoldung.
Die aktuellen Entgelt- und Besoldungstabellen veröffentlicht der dbb beamtenbund und tarifunion.
Welche Karrierechancen bieten sich mir nach der Ausbildung?
In seltenen Fällen ist ein Aufstieg in Führungspositionen möglich, beispielsweise eine Teamleitung.
Wo finde ich weitere Informationen?
Einen umfassenden Überblick bietet der Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure Deutschlands. Weitere Informationen bieten auch die Websites der Lebensmittelüberwachungen. Florian Ackens: „Bei Interesse lohnt es sich, einfach mal bei der Lebensmittelüberwachung vor Ort anzurufen. Die Kolleginnen und Kollegen sind auskunftsfreudig, habt keine Scheu!“