• Max Baumann ist Betriebsprüfer beim Finanzamt in Gütersloh und engagiert sich bei der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG).
    Max ist Betriebsprüfer beim Finanzamt in Gütersloh und engagiert sich bei der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG). Foto: Privat

Jobkompass: Der Finanzbeamte (Betriebsprüfung)Für die finanzielle Handlungsfähigkeit des Staates sorgen

300.000 Euro Umsatz, aber es ist unklar, wie sich die Summe zusammensetzt? Klarer Fall fürs Finanzamt – die Betriebsprüfung schaut genau hin.

Meistens ist alles ordentlich, denn Steuerberater wissen, wie die Unterlagen auszusehen haben. Aber wenn es keinen gibt, bestätigen Ausnahmen schon einmal die Regel: Außentermin, Max bekommt einen Aktenordner in die Hand gedrückt, zwischen Rechnungen blitzen Tickets vom Freizeitpark hervor, außerdem Belege von privaten Urlauben. „Na, das kann ja was werden, wenn die alle in den Betriebsausgaben auftauchen …“, denkt sich der 30-Jährige. Aber die Befürchtung bestätigt sich nicht, trotz des Durcheinanders ist in diesem Fall alles in Ordnung.

Nach Datum, Name oder Zahlungseingang – Betriebe gliedern ihre Buchhaltung ganz unterschiedlich. Die individuellen Präferenzen spielen für Max Baumann keine Rolle. Hauptsache, das System ist einheitlich, damit er sich schnell einen Überblick verschaffen kann. Max ist Finanzbeamter in der Betriebsprüfung. Sein Dienstort: Gütersloh in Nordrhein-Westfalen. Seine Aufgabe: kontrollieren, ob in den Steuererklärungen von Betrieben alles seine Richtigkeit hat, angefangen bei der Umsatzsteuer über die Körperschaftssteuer bis hin zur Gewerbesteuer.

Welche Steuern fällig sind, richtet sich nach dem Betrieb. Und davon lernt der Beamte im gehobenen Dienst einige kennen: Imbissbuden etwa, Apotheken und Kanzleien, hinzu kommen Selbstständige oder auch Privatpersonen, die im großen Stil Wohnungen vermieten. Max: „Ich komme viel herum und lerne viel kennen, das ist schon ein großes Plus in meinem Job.“

Theoretische Ausbildung im Schloss

Nach dem Abitur verspürt Max keinen Drang, in eine andere Stadt zu ziehen. Er spielt Fußball im Verein, die meisten Freunde bleiben in der Region, der er sich verbunden fühlt. „Ein Kumpel hatte schon recht früh den Plan, dual zu studieren“, erinnert sich der gebürtige Sauerländer. „Das hat mich inspiriert und ich habe mich erkundigt, was sich eigentlich alles dual studieren lässt“ – letztlich fällt die Entscheidung fürs Finanzamt. Die Sicherheit und die Aussicht, innerhalb der Behörde im Laufe des Berufslebens ganz verschiedene Bereiche kennenzulernen, geben den Ausschlag. Den praktischen Teil des Studiums absolviert Max beim Finanzamt in Lüdenscheid, den theoretischen an der Hochschule für Finanzen Nordrhein-Westfalen, die im Schloss Nordkirchen residiert.

Es hilft sehr, das neue Wissen gut zu dokumentieren, damit man immer weiß, wo sich was nachschauen lässt.

Max Baumann

2016, nach dem Studium, beginnt der junge Finanzbeamte in der Veranlagung. Heißt: Er bearbeitet Steuerklärungen. Nach nur einem Jahr ergibt es sich, dass er selbst Ausbilder wird – „die Kollegen haben wen gesucht, mich hat’s interessiert“, erzählt Max, der sich schon als Fußballtrainer oder bei der Hausaufgabenhilfe engagiert hat. Fortan führt er Anwärterinnen und Anwärter an die praktische Finanzverwaltung heran, bespricht mit ihnen Aufgaben und organisiert, wer wann in welcher Abteilung Station macht.

Sein Tipp an alle Neuen: „Am Anfang nicht zu viel Druck machen lassen, die Routine kommt mit der Zeit. Es hilft sehr, das neue Wissen gut zu dokumentieren, damit man immer weiß, wo sich was nachschauen lässt.“ Und ganz grundsätzliche Eigenschaften, die wichtig sind? „Organisiert sein, weil man viele Fälle parallel bearbeitet. Kommunikativ sein, weil es ohne Austausch nicht geht. Und empathisch sein, weil von Steuerfragen durchaus Existenzen abhängen können.“

Von der Veranlagung in die Betriebsprüfung

Kuriositäten gibt es immer wieder – der Finanzbeamte erinnert sich an einen Unternehmer, der sein Kleinflugzeug teils von der Steuer absetzen wollte, mit der Begründung, er spare damit Reisezeit. „Da hatten wir den Eindruck, dass es mehr Hobby als Job ist, von der Verhältnismäßigkeit mal ganz abgesehen“, berichtet Max, der 2020 von der Veranlagung in die Betriebsprüfung gewechselt ist, um einen anderen Fachbereich kennenzulernen.

Auch dort bleiben Kuriositäten und Widersprüche nicht aus; sie aufzudecken, gehört zur Jobbeschreibung. Stimmt der angegebene Listenpreis des Dienstwagens mit dem tatsächlichen überein? Oder wurde er zu niedrig angesetzt, damit auch der private, zu versteuernde Anteil niedriger ausfällt? Und sind die 300.000 Euro Umsatz, die ein Betrieb gemacht hat, nachvollziehbar? „Wenn etwas nicht stimmt, handelt es sich nicht zwangsläufig um Steuerhinterziehung“, erklärt der Betriebsprüfer. „Ein guter Gastronom muss nicht unbedingt auch ein guter Buchhalter sein, da passieren schlichtweg Fehler.“ In der Praxis ist der Übergang zur Steuerhinterziehung oft fließend. Was gar nicht geht: wenn sich zum Beispiel ein Handwerker die Bezahlung für eine Dienstleistung direkt aufs Privatkonto überweisen lässt. „So ein Fall würde auf dem Schreibtisch der Steuerfahndung landen.“

Mehr entdecken: FAQ – Basics rund um Beamtenverhältnis, Besoldung und Laufbahn

Die Prüfungen durch das Finanzamt erfolgen in der Regel angemeldet – einzige Ausnahme: die Kassenprüfung. „Wenn wir die vorher ankündigen, würden alle Kassen stimmen, das macht dann keinen Sinn.“ Für das Jahr 2023 haben sich die Betriebsprüfungen für den Staat ausgezahlt, denn sie haben ihm 13 Milliarden Euro zusätzliche Steuergelder beschert. 13 Milliarden Euro mehr, die theoretisch für Investitionen, etwa Kindergärten oder neue Feuerwehrfahrzeuge, zur Verfügung stehen.

„Die Finanzämter sorgen für die finanzielle Handlungsfähigkeit des Staates“, resümiert Max. „Daran mitzuwirken, sehe ich als erfüllende Aufgabe im Sinne der Allgemeinheit“ – außerdem gehe es darum, die Steuergerechtigkeit herzustellen. „Alle profitieren von den Dingen, die der Staat zur Verfügung stellt, von Schulen und Straßen. Es ist nur fair, wenn auch alle den Beitrag leisten, den sie rechtlich gesehen leisten müssen.“

Text: Christoph Dierking

Der Lohnsteuerprüfer: „So etwas kann nicht mit rechten Dingen zugehen!“

Ebenfalls im Außendienst, ebenfalls mit Betrieben befasst, aber in der nordrhein-westfälischen Finanzverwaltung eine eigene Abteilung, ist die Lohnsteuerprüfung. In diesem Fachbereich arbeitet Matthias Heggemann, der sich bei der Deutschen Steuergewerkschaft (DSTG) engagiert. „Im Gegensatz zur Betriebsprüfung schaue ich auf alles, was lohnsteuerliche Relevanz hat“, sagt er. „Und das mit Blick auf aktuelle und bereits abgeschlossene Zeiträume.“

Die Lohnsteuer ist die Vorauszahlung der Einkommenssteuer, die Arbeitgebende an das Finanzamt abführen, und auf der Gehaltsabrechnung ausgewiesen. Im Idealfall stimmen der abgeführte und ausgewiesene Betrag überein – oft aber auch nicht. „Manchmal liegt das an Fehlern in der Buchhaltung, manchmal steckt Absicht dahinter“, erklärt Matthias. Wenn der Verdacht besteht, dass Letzteres der Fall sein könnte, veranlasst er eine Außenprüfung.

Abhängig vom Sachverhalt ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit, die zum Zoll gehört, mit im Boot. Beispiel aus der Praxis: ein Restaurant, das nur zwei Festangestellte hat, aber jeden Abend 500 Leute bewirtschaftet. „So etwas kann nicht mit rechten Dingen zugehen!“, sagt der 29-jährige Finanzbeamte. Wenn hingegen der Verdacht besteht, dass Rechnungen gefälscht sind, kommt die Steuerfahndung hinzu. In der Buchhaltung muss sich jeder Vorgang belegen lassen. Wer das – aus welchen Gründen auch immer – nicht kann, greift möglicherweise auf Fälschungen zurück.

Anlässe zum Schmunzeln bietet der Arbeitsalltag immer wieder. Da gibt es den Bauunternehmer, der ein Luxusauto prompt als Baustellenfahrzeug ausweist. Oder die Arbeitskleidung für die Baustelle in der Luxusboutique kauft.

Matthias über seinen Beruf: „Die Arbeit beim Finanzamt zeigt, dass ein sicherer Job auch sehr abwechslungsreich und lebensnah sein kann!“ (cdi)

FAQ: Wie werde ich Finanzbeamt*in?

Welche Voraussetzungen muss ich für die Ausbildung mitbringen?

Wer beim Finanzamt arbeiten möchte, kann eine Ausbildung oder ein duales Studium absolvieren. Für die Ausbildung ist der Mittlere Schulabschluss erforderlich, für das duale Studium das Abitur beziehungsweise Fachabitur. 

Wie lange dauert die Ausbildung?

Die Ausbildung für den mittleren Dienst dauert zwei Jahre, das duale Studium für den gehobenen Dienst drei.

Wo findet die Ausbildung statt?

Die praktische Ausbildung findet direkt in den Finanzämtern statt, die theoretische in sogenannten Finanzschulen beziehungsweise Steuerakademien. Diese sind jeweils bestimmten Einzugsgebieten zugeordnet.

Was sind zentrale Ausbildungsinhalte?

Die Auszubildenden beschäftigen sich umfassend mit dem deutschen und internationalen Steuerrecht (Einkommenssteuer, Lohnsteuer, Gewerbesteuer), Buchführung sowie den Befugnissen und Fristen, welche die Abgabenordnung definiert. Ebenfalls auf dem Lehrplan: Wirtschaft und Politik, insbesondere das politische System der Bundesrepublik.

Was verdiene ich?

Die Besoldung richtet sich nach dem Bundesland und der Laufbahn. Wer die Ausbildung für den mittleren Dienst abgeschlossen hat, steigt mit einer A6- beziehungsweise A7-Besoldung ein, im gehobenen Dienst mit einer A9- beziehungsweise A10-Besoldung.

Die aktuellen Besoldungstabellen für die Länder veröffentlicht der dbb beamtenbund und tarifunion.

Welche Karrierechancen bieten sich mir nach der Ausbildung?

Im Innendienst besteht die Möglichkeit, nach entsprechenden Fortbildungen Koordinationsaufgaben zu übernehmen, im Außendienst sind die Steuerfahndung und Betriebsprüfung mögliche Optionen. Wer sein Wissen weitergeben möchte, kann nebenamtlich – oder auch hauptamtlich – in der Finanzakademie unterrichten. Und wer eine höhere Laufbahn einschlagen möchte, dem steht eine Karriere in Mittelbehörden, Oberfinanzdirektionen, in Landesämtern für Steuern sowie Ministerien offen.

Wo finde ich weitere Informationen?

Weitere Informationen gibt es bei den Finanzverwaltungen der Bundesländer, bei der Bundesagentur für Arbeit und der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG).